Künstlerisches Tun wird hier am Freien Jugendseminar groß geschrieben. Unsere Kurse befassen sich mit Sprachgestaltung, „Denkkunst“, Bothmergymnastik und Eurythmie – und, naja, das Zusammenleben ist auch eine Kunst für sich…
von Katja
Und dann gibt es noch die bildende Kunst, die auch sporadisch zum Vorschein kommt. Erstmals taucht sie im Morgenkurs „Kunstgeschichte als Bewusstseinsgeschichte“ auf, wenn es dort um das Zeichnen geht. Die nächste Station ist im Oktober die Dornachreise, auf der eine ganze Woche lang ein Zeichenkurs angeboten wird. Im Vordergrund stand in unserem letzten Kurs Erleben von Formen anhand des Goetheanums und des Menschheitsrepräsentanten, der Skulptur von Rudolf Steiner. Wir saßen auf kleinen Hockern auf einer von der Herbstsonne beschienenen Wiese mit gutem Blick auf das imposante Gebäude und ließen die Röthelstifte über das Papier huschen. So unterschiedlich die Seminaristen, so verschieden wurden unsere Bilder. Von locker-malerisch bis minutiös-genau waren alle Zeichenstile vertreten.
Unsere Kunst ist so vielfältig wie wir selbst
Eine weitere Zeit, die der Kunst gewidmet wird, ist die Malwoche zu Beginn des Frühjahrstrimesters. Unser Thema war das Portrait. Durch genaues Beobachten und vorsichtiges Zeichnen tasteten wir uns an das menschliche Gesicht heran. Dann gingen wir zur Farbe über, mit der die Intensität der Bilder spürbar zunahm. Beginnend mit dem Portrait, erlebten wir unser Gegenüber mit ganz neuen Augen. Das folgende Selbstportrait war dann eine Aufgabe, an der man sich in ähnlicher Weise selbst erleben konnte.
Begleitend zum praktischen Teil, besuchten wir das Stuttgarter Kunstmuseum (der gläserne Kubus am Schlossplatz) sowie die Staatsgalerie, um einige Werke der großen Künstler, wie z.B. Rembrandts Selbstportrait zu betrachten und besprechen.
Mir ist aufgefallen, dass alle einen verfeinerten Blick für die Welt bekamen, und die Malfähigkeiten sich schnell verbesserten.
Einige von uns berieten sich, wie wir die Übung im Zeichnen und Malen beibehalten könnten und begannen, einen gemeinsamen Malabend einzurichten.
Da hier am Seminar kein durchgängiger Malkurs angeboten wird, versuchen wir, soweit der straffe Zeitplan es zulässt, einen Abend pro Woche das freie Atelier zu öffnen. In diesem Raum können wir alles gestalten, was uns in den Sinn kommt.
Kunst hilft uns zu erleben, was wir bewirken
Kunst – und zwar mehr im Sinne von Formgebung – ist ungeheuer wichtig, um zu erleben was wir bewirken, und wie wir die intellektuellen Inhalte in unser Handeln einfließen lassen können.
Ich habe mir zwar vom Seminar noch etwas mehr Möglichkeiten für Gestaltung mit den Händen gewünscht. Doch ist es nicht vielmehr an mir, die Freiheit im Seminar zu nutzen? Eigeninitiative muss her – deshalb gehe ich jetzt in den Garten!