Es ist Sommer, die Vögel singen laut und die Tiere spielen in unserem Garten. Man ist hier oben im Freien Jugendseminar in einer ganz anderen Welt. Manchmal verliert man dabei fast ein bisschen den Kontakt zur Außenwelt.
von Mariam
Ich bin seit September 2015 im Jugendseminar, und ich kann noch immer nicht mit Worten ausdrücken, wie schnell die Zeit hier vergeht. Meine Familie und Freunde aus der Kindheit sind sehr weit weg von Stuttgart. Ich bin aus Georgien hierher gekommen. Vor anderthalb Jahren habe ich mich nach Deutschland aufgemacht, um hier meinen Weg zu finden.
Manchmal empfinde ich schon große Sehnsucht nach Hause. Aber es ist kein trauriges Gefühl. Wir pflegen einen engen Kontakt. Das Internet hilft uns dabei sehr, auch wenn unsere Verbindung dort nicht so persönlich ist.
Im Freien Jugendseminar habe ich schnell bemerkt, wie sich meine Gedanken änderten, wie ich mich verändert habe und wie andere Seminaristen sich veränderten. Mir scheint manchmal, währenddessen bleiben meine Familie, meine Freunde und meine Stadt fast so wie ich sie verlassen habe. Sie gehen noch denselben Interessen und Tätigkeiten nach und die Eindrücke, die sie sich erwerben, werden gleich bleiben. Nach allem, was ich hier im Jugenseminar erlebt habe, habe ich mir einen anderen Blickwinkel auf die Welt erworben und ich bin vielleicht nicht mehr so neugierig auf das, was in meiner Heimat passiert.
Eine große Reise zu sich selbst
Manchmal hören sie auch sehr lange nichts von mir. Denn hier lebt man in anderen Gefühlen, hat andere Erlebnisse, die einen immer wieder neues Wissen erwerben lassen. Man macht eigentlich eine große Reise zu und in sich selbst. Man entwickelt sich täglich. Wenn ich darüber mit meinen Freunden rede, ist das für sie nicht immer einfach zu verstehen. Vielleicht denken sie sogar, dass ich ein bisschen verrückt bin.
Ich denke, dass das für die meisten Ausländer und Deutschen eine ähnliche Situation sein wird. In diesem Jahr im Freien Jugendseminar haben wir nur uns. Wir sind wie eine große Familie, ja, sogar mehr als nur eine Familie. Wir stehen auf, frühstücken, lernen, reisen und machen noch viele andere Sachen zusammen.
Manchmal, wenn jemand über das Wochenende nach Hause fährt, dann zurückkommt und wenn die anderen ihn dann fragen, wie es war, dann antwortet er oft, dass es sehr schön war, er aber so schnell wie möglich wieder nach Stuttgart zurückkommen wollte. Wenn wir dabei auch über das Verhältnis zu unseren Familien und Freunden sprechen, dann sagen alle, dass sich das ein bisschen verändert hat. Die Zeit hier ist eben sehr intensiv und wichtig für uns.
Ich glaube, die Verbindung zu meiner Familie wird immer stark und eng bleiben. Ich liebe und vermisse sie sehr. Aber trotzdem verändert sie sich – zum Positiven. Denn das Freie Jugendseminar hilft uns dabei, einen anderen Blick nicht nur auf die Welt, sondern auch auf sie zu bekommen.