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Und wir gaben nie auf

Ich empfinde Tiefe Dankbarkeit für eine Zeit, die mich auf der einen Seite zwar viel gekostet, mir auf der anderen Seite aber so viel mehr gebracht hat.
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Von Maximilian //

Der Vollständigkeit der Geschichte wegen springe ich kurz in unser erstes Trimester zurück. Damals hatten wir bereits eine zarte Idee für das spätere Projekt erarbeitet. Wir wollten die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Großwerdens in der georgischen und der deutschen Kultur aufzeigen. Bis zum Beginn des dritten Trimesters mussten wir unsere Pläne jedoch verwerfen, weil zwei Mit-Seminaristen unser Trimester inzwischen verlassen hatten. Doch vor allem der plötzliche Tod unseres Freundes Tornike aus Georgien im zweiten Trimester traf uns als Gruppe schwer und beschäftigte jeden Einzelnen von uns immer noch. Dass dann am Ende doch eine Geschichte herausgekommen ist, die die Kultur Georgiens und Deutschlands zusammenbringt, in der wir das Heranwachsen eines georgischen Mädchens in Deutschland schilderten, kann man Ironie des Schicksals nennen.

Am Anfang war ein Lied

Meine Trimester-Kollegin Nana, ebenfalls aus Georgien, und ich trafen uns in den ersten zwei Wochen des neuen Trimesters ein paar Mal mit Jidu, dem Dozenten für Sprachgestaltung und Leiter eines jeden Theaterprojekts am Jugendseminar. Wir beide waren uns von Anfang an einig darüber, dass wir ein Theaterprojekt machen wollten. Und auch Leonie, die Dritte im Bunde, wollte dies schon vom Anfang des Seminars.
Endlich zur dritt hatten wir zunächst nicht so viele Ideen für eine richtig gute Storyline. Aber Lieder steuerten wir dafür umso mehr bei. Die Lieder, die gleich zu Anfang von uns ins Projekt mit eingebracht wurden, waren: „Basket Case“ sowie „Hero of War“ sowie die Lieder „Aber der Nowak lässt mich nicht verkommen“ und „Das Mädchen am Strand“. Letzteres hat Leonie selbst geschrieben. Von Nana kam das georgische Volkslied „Chemo Tsitsinatela“ (was sich auf Deutsch mit „mein Glühwürmchen“ übersetzen lässt.)

Aus dem schon erwähnten Lied „Hero of War“ nahmen wir die
Figur, um die es in dem Lied geht, heraus und formten daraus einen der Hauptcharaktere des Stücks, den Friedemann. Wir einigten uns darauf, dass es am sinnvollsten wäre, wenn dieser von mir gespielt werden würde. Bei ihm handelt es sich um einen alten deutschen Kriegsveteranen, der in seinen Einsätzen schlimme Dinge erlebt hat. Die Erinnerungen an diese begegnen ihm bis heute immer wieder, vor allem in (Alb-) Träumen. Doch weil er es selbst nicht schafft, sich von diesen wieder zu befreien, versucht er, sie in Dosenbier zu ertränken. Durch sein Alleinsein wählt er lieber den Alkohol, als sich von jemand anderem mit seinen Problemen helfen zu lassen.

Intensive Proben

Dass viele Leute das Projekt im Hintergrund durch ihr beständiges Interesse, ihre Aufmerksamkeit und Zeit möglich gemacht haben, löst bei mir viel Dankbarkeit aus und ich denke immer noch gerne daran zurück. Hierbei seien namentlich genannt Jidu Pasqualini für Projektleitung und Regiearbeit, Georgy für die Begleitung am Klavier, das vierte Trimester für ihr Mitwirken sowie unter ihnen besonders Alina für ihre Arbeit als Regieassistenz.

Natürlich hat mich das Projekt auch viel Kraft gekostet. Wir haben viele Nachmittage, Abende und sogar ganze Wochenenden in „Amelie‘s Lied“ hinein investiert. Und es war weiß Gott nicht immer nur einfach. Es hat uns alle bis an unsere Grenzen gebracht. Wir waren alle drei immer wieder an dem Punkt, an dem wir fast dabei waren, zu sagen: „Ich habe keine Lust mehr. Ich steige aus dem Projekt aus.“ Die Projektzeit ist, wenn man den Ehrgeiz hat ein gutes Stück hinzubekommen, unglaublich ermüdend. Wer sich für ein Theaterprojekt im dritten Trimester entscheidet, für den gibt es nur wenige Sachen, die er neben dem Üben für das Projekt noch machen kann. Einkaufen, kochen, essen, sich um seine Wäsche kümmern, schlafen, viel mehr ist es nicht.

Ein Zeit auf die ich in zehn Jahren noch stolz sein werde

Doch trotz allem übertrumpfen für mich die Dinge, die mir das Projekt gebracht haben, die Eingeständnisse, die ich dafür machen musste.Es war für mich unglaublich wertvoll, das Projekt gemacht zu haben. Ich bin sehr froh, dort eine Gelegenheit bekommen zu haben, auf der Bühne nicht nur zu schauspielern, sondern auch zu singen und Schlagzeug zu spielen. Es hat mich ermutigt selbst mehr selbst mehr Musik machen. Es hat mich sogar soweit gebracht, dass ich inzwischen bereit dazu bin, vielleicht einmal einen Beruf zu erlernen, der etwas mit Musik zu tun hat.

Wir als Trimester standen am Fuße eines Berges und wollten ihn erklimmen. Wegen des steinigen und steilen Wegs nach oben waren wir immer wieder kurz davor, aufzugeben, doch haben wir es bis zum Gipfel des Berges geschafft. Der Lohn dafür war das Lob und die Anerkennung durch die Zuschauer, was mich beides unglaublich berührt und mir viel Selbstbewusstsein gegeben hat.

Ich empfinde Tiefe Dankbarkeit für eine Zeit, die mich auf der einen Seite zwar viel gekostet, mir auf der anderen Seite aber so viel mehr gebracht hat und auf die ich auch in zehn Jahren noch so stolz sein werde wie heute.