Von Tetsuro aus Japan //
Im Jugendseminar gibt es vielfältige Morgenkurse. Die Themen sind über Kunst, Menschenkunde und Biologie, Geschichte und Zeitgeschehen, Soziologie, Wirtschaft, Religion, Literatur und über die Grundlage der Anthroposophie. In den Morgenkursen kann man nicht nur von den Dozenten, sondern auch von den anderen Seminaristen lernen, und man kann die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Themengebieten entdecken.
In dem spannenden Morgenkurs „Musik, Mensch und Kosmos“ von Marco Bindelli haben wir zunächst besprochen, was die drei Wörter „Musik“, „Mensch“ und „Kosmos“ bedeuten und repräsentieren können. Das Wort „Kosmos“ enthält viele Bedeutungen, z.B. Glanz, Schönheit und Ordnung. Die Bedeutungen dieser Begriffe, die wir am Anfang des Kurses entdeckt haben, konnten wir in den folgenden Tagen immer wieder finden. Wir haben anhand eines großen Saiteninstruments (dem Monochord) festgestellt, dass die Töne der Tonleiter in bestimmten rationalen Verhältnissen stehen. Weiter haben wir die Sensibilität unseres Körpers auf die Musik beobachtet.
Gagaku – Japanische Musik
Wie die Tonleitern entstehen, ist abhängig von der Kultur und sehr unterschiedlich. In asiatischen Ländern hört man häufig pentatonisch aufgebaute Tonleitern und Lieder.
Ich möchte kurz „Gagaku“ als ein Beispiel vorstellen, wie die Musik mit unserer Weltanschauung noch immer verbunden ist.
Gagaku ist eine uralte ost-asiatische Musik in Orchestra-Form. Von China, Vietnam und Korea ist die Musik nach Japan gekommen und auch in Japan hat sie sich verändert. In der „Gagaku“-Musik benutzen wir meistens drei Schlaginstrumente, zwei Saiteninstrumente und drei Blasinstrumente. In Gagaku gibt es keinen Dirigenten und alle Leute müssen sich gegenseitig immer gut zuhören.
In Gagaku gibt es 5 Grundtöne, die pentatonische Abstände haben (D, E, G, A und H). Die Tonleitern, die mit diesen Tönen beginnen, haben ihre eigene passende Jahres- und Tageszeit. Die Musikstücke von Gagaku werden oft für die passende Jahreszeit oder den passenden Ort ausgewählt und gespielt: Z.B. werden im Trauerfall die Musikstücke von der Tonleiter des Winters benutzt.
Shom, Ryuteki und Hichiriki – Himmel, Erde und Mensch
Die drei Blasinstrumente werden im Gagaku vielfältig verwendet. In einem Gagaku-Musikstück spielt „Sho“ (Hosho) die ganze Zeit ohne Pause die Akkorde von Gagaku. Sho ist die Ursprungsform der Pfeifenorgel im Westen. Mit ihren klaren und komplizierten Akkorden repräsentiert Sho das Licht, das vom Himmel kommt. „Ryuteki“ spielt man wie eine Flöte und Ryuteki dekoriert die Musik mit ihren umfangreichen Tönen. Die Rolle von Ryuteki wird als ein Drache beschrieben, der zwischen dem Himmel und der Erde fliegt und diese verbindet. Der ziemliche kräftige Klang von „Hichiriki“ symbolisiert die Stimme des Menschen auf der Erde. Wenn die drei Blasinstrumente zusammengespielt werden, können der Himmel, die Erde und die Menschen zusammen repräsentiert werden – das ist der Kosmos. Die Instrumente und die Tonleiter in Gagaku sind so mit dem großen Bild der Welt verbunden.
Die Musik des Menschen ist eine Antwort auf die Musik ist, die im gesamten Kosmos erklingt.