Von Popi //
Alles beginnt im Moment, wenn du bequem in deinem Haus sitzt und dir die Idee von der Teilnahme am Freien Jugendseminar in den Sinn kommt. Deinen Kopf durchbrechen tausend Fragen und du fängst an…
Okay, zuallererst müsste ich Deutsch lernen, erster Schritt. Bis zu diesem Punkt kannten wir die komischen, schwierigen, anthroposophischen Worte, die diese anthroposophische Welt besaß, noch nicht. Warum hatten wir die Idee „die Philosophie der Freiheit“ und „Theosophie“ in dieser ganz fremden Sprache zu studieren? Mit Ideen und Konzepten so entfernt von unserer Kultur? Zweiter Schritt: der ewige Papierkram für unser „Studentenvisum“. Egal wie viele Male du die Anforderungen, Unterschriften, Krankenversicherung liest, du bist nie 100 % sicher, dass du alle Papiere hast. Dies ist eine der ungeduldigsten Wochen unseres Lebens. Wir müssen auf einen Schlüssel warten, der uns eine der Türen unserer Zukunft öffnet.
Aufbruch
Es gibt zwei verschiedene Arten von Menschen, die ans Jugendseminar kommen. Die einen hatten bereits ein bisschen Deutsch gelernt. Aber es gibt auch einige mutige Leute, die in dieses Land kommen, ohne ein Wort zu sprechen, bereit, sich zu einem Intensiv-Deutschkurs anzumelden. Okay, wir sind bereit, wir haben unser Visum, unseren Pass, einen Koffer mit Kleidung, vielleicht einige Andenken, die uns an unser Land erinnern, einige Bücher zum Lernen. Wahrscheinlich sind wir immer noch müde von der Abschiedsparty mit unseren Freunden. Et voilà, die Zeit, auf die wir gewartet haben, ist schon da, wir sind am Flughafen. Wir merken es gar nicht und blicken unserer Familie, Sicherheit, unseren Freunden und unserem Komfort nach. Man verabschiedet sich mit Energie, lächelt, vielleicht mit Tränen in den Augen. Wir haben es geschafft, wir sind im Flugzeug.
Ankommen
Dann nach 6, 9 oder 20 Stunden landen wir endlich in Stuttgart. Wir geben unser Bestes, um die deutsche Wegbeschreibung zu verstehen. Nachdem wir uns ein paar Mal verlaufen haben, erreichen und nehmen wir die S-Bahn. Es sind noch 30 min voller Begeisterung und Ungewissheit bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Mit mehr Zweifeln als Zuversicht nehmen wir den Bus 42 bis zur Haltestelle Urachstraße, steigen aus und schleppen die Odyssee der 20 kg von Dingen, die wir mitgebracht haben, die verwinkelte Seminar-Treppe hoch. Mit ein bisschen Glück kommt gerade jemand vorbei, der uns helfen kann.
Verschwitzt, glücklich, voller Vorfreude und ein bisschen ängstlich fühlen wir uns wie die Könige der Welt, weil wir es allein bis hierher geschafft haben. Wir kommen mit unseren Koffern vor der großen roten Tür des freien Jugendseminars an, die wie ein großer Mund hungrig auf uns wartet.