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Die zur Wahrheit wandern

Die Vogesenreise ist fester Bestandteil des Angebots am Jugendseminar und ein Highlight vieler Seminarist*innen. Sie verbindet Bildungsreise, Abenteuerfahrt und Wander Challenge zu einem einmaligen Erlebnis.
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Von Tilo //

Die Vogesenreise ist schon seit einigen Wochen in aller Munde, Seminarist*innen und Dozierende bereiten sich vor. Alle kümmern sich um ihre Ausrüstung und freuen sich auf die nächste Woche.

Aber es ist hier schon Tradition geworden, dass die Woche vor der Reise noch einmal anstrengend wird. Wir dürfen nämlich selber mal in die Rolle der Dozierenden schlüpfen und uns gegenseitig in Form von Referaten inhaltlich auf die Fahrt vorbereiten. Einige der Referate begleiten uns auch mit auf den Weg, wenn wir Sonntag früh aufbrechen und dann unseren ersten Zwischenstopp in Colmar einlegen. Vorträge über den Isenheimer Altar und Albert Schweitzer lassen uns in die Geschichte und Zusammenhänge der Region einsteigen.

Gegen Abend erreichen wir unser Heim für die nächsten Tage, das Oberlinhaus, ein Gebäude abseits der Zivilisation mit eigener Stromversorgung, Abwasseraufbereitung und Solarthermie. Von hier aus beginnen in den nächsten Tagen unsere Wanderungen,
nur einmal müssen wir noch mit dem Bus fahren, um eine ehemalige Silbermine zu erreichen.

Singen werden wir noch viel.

In zwei Gruppen befahren wir den Stollen, geführt von zwei Elsässern schlängeln wir uns teils schweigend, in Dunkelheit, die Hände haltend, teils mit Beleuchtung durch den Berg. Eigens für diese Einfahrt haben wir ein Lied einstudiert, welches wir in einer Grotte in absoluter Finsternis singen.

Singen werden wir noch viel, bei Sonnenaufgang auf einem Berg, an Grabdenkmälern und in Kapellen nutzen wir den Gesang, um uns gemeinsam in die Stimmung des Ortes einzufühlen. Welche Wirkung das hat, kann man schnell an den Augen der Zuschauer ablesen, die sich zu uns gesellen.

Barfuß über Wiesen und Heidekraut

Das Schweigen begleitet uns auch noch auf weiteren Etappen, es lenkt die Aufmerksamkeit auf die Natur, die Umgebung und bildet einen schönen Kontrast zu den vielen Gesprächen, die auf den Wegen geführt werden. Wir haben Glück mit dem Wetter und können uns ganz nach Plan Tag für Tag steigern und uns so auf die große Wanderung am Freitag vorbereiten. Bedächtige
Momente an einem Kriegsdenkmal oder den Stellungen aus dem 1. Weltkrieg wechseln sich ab mit Pausen zwischen Blaubeersträuchern. Alle sind heilfroh, als wir am Nachmittag eine frische Quelle erreichen, an der sich abgekühlt und getrunken wird. Weiter geht es barfuß über Wiesen und Heidekraut oder durch Kiefernwälder wieder nach Hause.

Es ist ein Wechselspiel zwischen dem Erleben der Natur und der Beschäftigung mit Aspekten aus Geschichte, Heilkräuterkunde oder rund um die Jahreszeit, wenn wir nach so einem Tag abends ums Feuer sitzen und weitere Referate anhören oder Johanni feiern können.

Jede Gruppe, die im Oberlinhaus unterkommt, beteiligt sich an der Arbeit rund ums Haus und im Garten, so verbringen auch wir einen Vormittag mit Brennholzbeschaffung, Heu machen, Ausmisten, bevor wir uns nachmittags auf die große Wanderung am anderen Morgen vorbereiten können.

Die große Wanderung

Mit geschmierten Broten und fertig gepacktem Rucksack beginnt die Nacht für die meisten früh, denn lange vor Sonnenaufgang werden wir geweckt und wandern schweigend los. Das Anbrechen des Tages begrüßen wir mit Gesang, bevor wir auf dem Kamm frühstücken. Nun geht es den ganzen Tag immer weiter über Berg und Tal, für manchen ist es eine wirkliche Herausforderung, bei der man sich selbst etwas beweisen kann. Und wie froh ist man, als man auf dem Rückweg an einem See vorbeikommt und in das kühle Wasser springen kann.

Unsere Reise geht langsam dem Ende zu. Abends am Lagerfeuer besinnen wir uns und teilen unsere Eindrücke der letzten Tage mit unserer Gemeinschaft. Wir hatten viel Zeit zum Nachdenken. Hier oben auf den Bergen ist man so frei! Der Alltag und die Sorgen sind zu Hause geblieben, man taucht auf, kann den Johanni-Impuls wahrnehmen und mit Abstand auf die erste Hälfte
dieses Jahres schauen. Habe ich das erreicht, was ich mir vorgenommen habe? Wo stehe ich gerade? Bestimmt hat der ein oder andere eine wichtige Erkenntnis aus den Bergen mit heruntergenommen.

Ausklingen kann die Reise bei einer letzten Wanderung und einem Referat auf dem Odilienberg. Der Müsliriegelvorrat geht auch schon zur Neige, manche Wanderschuhe beginnen sich aufzulösen und somit ist es Zeit, erholt und geheilt, mit neuen Impulsen die letzten Wochen dieses Trimesters zu ergreifen.