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Die vom Wandern abhängige innere Reise

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Von Hannah Estelle //

Das Abenteuer auf allen Ebenen begann vor etwa einer Woche, an einem lauen Sommermorgen im Juni am Jugendseminar.

DIE VOGESENREISE

Gerade aufgewacht hieß es, letzte Vorbereitungen zu treffen. Unser Haus ist nämlich, mit 25 Zimmern, drei Küchen, zwei Wohnzimmern und noch etlichen anderen Räumen, nicht gerade klein. Es kann schnell etwas vergessen werden. Alle Fenster werden abgeschlossen, denn es kann sein, dass sich ein Eichhörnchen in die Zimmer verirrt, sich mit seiner Familie bei uns einrichtet und an unseren Vorräten bedient. Alle geben ihr Bestes, auch wenn der ein oder andere noch müde ist; oder noch nach seinen Wanderschuhen sucht. Ohne die kommt man nämlich nicht auf die sagenumwobene Vogesen Reise mit. Aber zum Glück sind wir über 30 Menschen, die sich gegenseitig unterstützen. „Alle bereit zur Abfahrt?“ Der Bus wird beladen und das Abenteuer beginnt.

Nun könnte ich eine Auflistung des Programms machen, aber dies würde dieser Reise nicht gerecht werden. Denn viel mehr geht es um die vom Wandern abhängige innere Reise. Von den Tiefen der Täler hin bis in die Höhe der Bergspitzen, innerlich wie äußerlich. Sich an seine Grenzen wandern und doch weiter gehen; oder bewusst einen anderen Weg einschlagen. Abwägen, was das Beste für sich und andere ist. Denn nicht immer hat man die Möglichkeit, sich einfach hinzulegen. Man muss weitergehen. Es wird weiter gehen. Und sich doch fallen lassen und wissen, die anderen fangen einen auf, wenn es darauf ankommt.

KURZ INNEHALTEN UND … ATMEN … DANN WEITER GEHEN.

Wir waren an Orten, wo man die Schwere des Todes ganz klar vor sich sah. Ein Friedhof mit hunderten, gefallenen Soldaten, die noch immer irgendwie an diesem, mit Zauber umhüllten Ort, wirkten. Die Schützengräben, wo man förmlich die Schüsse hört und in den Bunkern die fast vom Fleisch fallenden Soldaten liegen sieht. Ihre Energie löste eine Polarität in meiner Seele aus. Denn mir wurde bewusst:

Gefangen im Krieg.
Nie mehr befreit.
Eine Seele, gefesselt an die Erden.
In Reih und Glied,
Ein kaltes Sein.
Schüsse fielen,
Menschen schreien.
Mitten ins Herz,
Und Stille ist’s.
Doch nicht in der Seele.
Dort tut es für immer beben.

All dies liegt weit zurück.
In der Vergangenheit
Und wirkt doch noch in unseren Seelen.
Ein stiller Krieg
Und nicht bewusst.
Doch Hoffnung gibts.
Denn es gibt Menschen,
Die den Frieden tief in sich hegen.
Ihr seid sein großer Segen.

ALLE MACHEN DEN ANFANG, GEHEN DRAUFLOS UND GEBEN IHR BESTES.

Auf diesen Wegen, Pfaden und Straßen gibt es Steine, die uns im Weg liegen; Steigungen, die wir erklimmen müssen, Flüsse, die wir durchqueren. Manchmal ist die Steigung noch zu weit, zu hoch, zu steil, zu steinig und wir kehren um. Ein anderes Mal vielleicht nicht und wir erklimmen den Gipfel. Uns wird das, was wir durchwanderten, offenbart und wir können unseren Weg aus einem anderen Blickwinkel erkennen und begreifen. Uns werden Dinge bewusst und vielleicht wird uns bewusst, dass wir nun gewisse Begleiter loslassen und einen anderen Weg einschlagen müssen. Vielleicht auch nicht und es muss uns ein Hinweis oder gar ein Schubs gegeben werden.

Die große Wanderung am letzten Tag vereinigt alles, was wir bisher erfahren haben und noch mehr. In Stille und in der Dunkelheit geht es los. Man erklimmt denn Berg wieder von Neuem. Stumm und sich verständigend. Wie die Kinder stapfen wir hinauf.

Ganz zart lichtet sich unser Weg. Wir erkennen, wo wir wandeln und nähern uns einem Felsen auf dem Gipfel. In aller Heiligkeit betreten wir ihn undwarten und wartenBis das Licht die Erden berührt. Sobald es tagt, singen wir gemeinsam einige Lieder in aller Ehre für die Welt.

Ein Tag begann und ging fort wie ein Leben, mit Höhen und Tiefen, Licht und Dunkelheit, mit Erschöpfung und erneuter Kraft. Mit sich selbst und in Gesellschaft. Mit Lachen und Weinen, Frustration und Motivation, Zuversicht und Hoffnungslosigkeit.

Mit hinfallen, wieder aufstehen und weiter gehen. Bis man am Ende die letzten Meter mit Schmerzen, ohne Energie, einem schweren Rucksack, aber gefüllt mit Erfahrungen, gemeistert hat.