Von Caroline //
Das Jugendseminar in der Ameisenbergstraße gleicht einem Ameisenhügel, auf dem es nur so wuselt. Von außen wird nicht unbedingt ersichtlich sein, welche Ordnung es gibt und wohin die Menschen gehen; so ging es zumindest mir, als ich zum ersten Mal im Foyer des Jugendseminars stand.
Wenn die SeminaristInnen durch das Haus die Treppen herunter und hinauf gehen oder rennen, hier und da ein Lied trällernd, welches am Morgen beim Aufwärmen gesungen wurde, folgen sie meist dem Erklingen des Gongs oder der Klangstäbe, was bedeutet, dass der nächste Unterricht, Haus und Garten oder ein anderes Zusammenkommen stattfindet.
Die Königin des Ameisenstaates ist die Anthroposophie; das Herzstück sozusagen.
Bei meiner Ankunft war mein Eindruck ein anderer als jetzt, wo ich das Seminar besser kenne. Am Anfang war ich einfach überwältigt von den vielen Zusammenkünften und den vielen neuen Gesichtern.
Ich denke, ich kam mit sehr vielen und teils großen Fragen hier an. Fragen, mit denen ich schon länger lebte und immer sehr nach Räumen gesucht hatte, in denen diese Fragen bewegt werden können.
Als ich ankam, hatte ich recht schnell das Gefühl, dass sich mir eine neue Welt auftut. Tief in mir drin konnte etwas aufatmen, entspannen und vielleicht zum ersten Mal ins Fließen kommen. Ich spürte, hier kann ich in Austausch kommen, hier kann ich mich weiterentwickeln, hier kann ich ich sein.
Das gemeinsame Singen, die Eurythmie, die Bothmer Gymnastik, der tiefe Austausch in Theosophie; alles gibt mir das Gefühl eines Raumes für meine Fragen. Und ich stelle fest, wenn eine meiner Fragen sich beginnt zu beantworten, kommt gleich eine Neue auf. Es ist wie ein Fluss. Ich komme langsam vorwärts.
Vielleicht ist es so wie in dem Buch „Briefe an einen jungen Dichter“ von Rainer Maria Rilke:
„dass wir Geduld brauchen mit dem Ungelösten im Herzen und versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben (…) und es handelt sich darum, alles zu leben. Lebe jetzt die Fragen. (…) leben vielleicht, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.“
Mein Hunger nach tiefen Gesprächen, Austausch über Menschseins Themen war groß und hier am Jugendseminar sitze ich nun an einem reich gedeckten Tisch und kann wählen, was ich zu mir nehmen möchte.