Von Ilia //
Sprache ist viel mehr als ein Werkzeug zur Verständigung. Sie ist Ausdruck unseres Denkens, unseres Fühlens – unserer ganzen inneren Welt. Im Sprachunterricht habe ich gelernt, dass Sprache nicht nur Mittel ist, sondern auch Spiegel: Sie zeigt, wie wir die Welt sehen und wie wir in ihr stehen.
Besonders im Sprachgestaltungsunterricht wurde mir bewusst, dass jedes Wort, jeder Laut, jeder Atemzug eine innere Haltung trägt. Es geht nicht nur darum, was wir sagen, sondern wie wir es sagen.
Die Sprache lebt im Klang, im Rhythmus, im Atem.
Sie entsteht im Körper, sie lebt durch unseren Geist.
Ich erinnere mich an eine Übung, bei der wir denselben Satz mit verschiedenen inneren Bildern gesprochen haben – und der Klang veränderte sich vollkommen. Ich habe erfahren: Wenn ich mich innerlich verändere, verändert sich meine Sprache. Und wenn ich achtsam mit der Sprache umgehe, verändert sich auch mein inneres Erleben.
Sprache ist Gestaltung.
Wenn ich ein Gedicht spreche, gestalte ich einen Raum, eine Atmosphäre. Ich erschaffe Wirklichkeit – nicht nur für den Zuhörer, sondern auch für mich selbst. Ich lerne, mich bewusster auszudrücken, aber auch besser zuzuhören. Sprachgestaltung ist deshalb für mich auch eine Schule der Wahrnehmung und der Empathie.
Ein Satz, der mir im Unterricht besonders hängen geblieben ist, lautet: „Du bist deine Worte.“ In einer Welt voller schneller Informationen und oberflächlicher Kommunikation erinnert mich dieser Satz daran, dass meine Sprache eine Verantwortung trägt. Wenn ich achtlos spreche, bin ich auch innerlich unklar. Wenn ich mich bemühe, wahrhaftig und lebendig zu sprechen, entsteht etwas Echtes – eine Verbindung zu mir selbst und zu den anderen.
Ich bin meine Sprache. In meinen Worten zeigt sich mein Weg, mein Werden. Und vielleicht ist Sprachgestaltung genau das: ein Übungsweg, auf dem wir lernen, unsere Menschlichkeit zu verkörpern – durch den Klang, durch die Geste, durch das stille Hören.