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Daphnes Traum – mein Abschlussprojekt

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„Eine Woche nach dem Abschluss kann ich nach langer Zeit erstmals wieder sagen, dass ich stolz auf mich bin. Ich habe so viel an mir entdecken können, Neues kennengelernt und dadurch viele Impulse in mir geweckt, an denen ich nun weiterarbeiten kann. Das Gefühl ist unbeschreiblich.“

Der Abschluss meines zweiten Trimesters im Dezember war super. Jedes Trimester hat tolle Kunst gezeigt und das Highlight des Abends war wie immer das Projekt des dritten Trimesters. Ich habe es mir in der Abschlusswoche mehrmals angesehen und war jedes Mal absolut begeistert und beeindruckt, was die fünf Schauspieler und Jidu Pasqualini, unser tatkräftiger Dozent und Unterstützer, innerhalb kurzer Zeit auf die Beine gestellt haben.

Diese Begeisterung und die große Einsatzbereitschaft von jedem einzelnen der Gruppe hat mich viel beschäftigt. Was macht das Projekt mit einem, so dass man freiwillig auf seine Freizeit verzichtet und nur noch zwischen Probesaal und Bett lebt? Ich war aber auch zutiefst beeindruckt vor dieser Motivation und Hingabe. Alleine durch Gespräche mit ihnen habe ich gespürt, welche Bedeutung es für sie hatte.

Ich habe mich gefragt: Bin ich bereit, mich in den nächsten drei Monaten voll und ganz dem Projekt hinzugeben?

Trotz einem knappen halben Jahr gemeinsamen Unterrichts kannten wir, die wir nun ein Abschlussprojekt angehen wollte, kaum. Bevor wir nach dem zweiten Trimesterabschluss in die Ferien gegangen sind, hatten wir ein Treffen, um gemeinsam einen Vorblick auf das letzte Trimester zu wagen. Die Frage war: Wollen wir ein Projekt machen?“ Nach kurzer Stille hat diese Frage jeder nacheinander bejaht. Jeder von uns wusste, dass eine Projektarbeit als Abschluss wichtig war.

Was genau ist eigentlich wirklich so ein Projekt? Die Zeit gliedert sich in etwa zwei gleichgroße Hälften. Die erste führt in die Breite. Das bedeutet, wir haben die Aufgabe, Texte, Kunst, Gegenstände, Zitate und so weiter zu sammeln, das heißt, alles was uns inspiriert. Darüber hinaus schreiben wir täglich eigene Texte über Themen, die uns gerade beschäftigen und führen Tagesprotokolle. All diese Bestandteile sind Inhalte unserer Projektmappe.

Die zweite Hälfte stellt die Phase der Verdichtung dar. Wir besinnen uns auf unsere gesammelten Inspirationen und versuchen, die für uns wichtigsten genauer zu betrachten und den Rest auszusortieren. Um an eigene Themen zu gelangen haben wir einige Fragen mit auf den Weg bekommen, die wir uns immer wieder aufs Neue stellen und täglich behandeln müssen.

Was beschäftigt mich? Was regt mit auf? Wovor habe ich Angst? Was sind meine Wünsche und wonach sehne ich mich?

Neben der Textarbeit ist der Bezug zur Praxis ganz wichtig. Wir haben viele Improvisationsübungen gemacht und Neues ausprobiert. Diese Übungen haben uns geholfen, uns einerseits als Gruppe und andererseits als Persönlichkeiten besser kennenzulernen. Es geht darum, seinen Körper und sich selbst zu vertrauen, dass zur nötigen Zeit das Richtige kommen wird und nichts Großartiges erwartet wird, sondern das schönste die Authentizität ist.

Die Zeit ist dann erst einmal weiter vorangeschritten und zunächst hat keiner von uns dreien sich intensiver mit dem Projekt beschäftigt und mehr als das Nötigste zu dessen Weiterentwicklung beigetragen. Die Projektstunden waren teilweise sehr zäh. Jeder hat auf den anderen vertraut, dass er oder sie Ideen und Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung mitbringt. Zu diesem Zeitpunkt wurde uns klar, dass es unser Projekt ist. Wir müssen alle gleichermaßen mitziehen, uns selbständig treffen und Verantwortung für diese Arbeit übernehmen.

Zu diesem Zeitpunkt ist mir erst wirklich bewusst geworden, dass ich mich nun entscheiden musste: Was will ich wirklich? Tief im Innersten habe ich eine große Angst vor einem solchen Projekt gespürt. Aber ist nicht gerade das die Idee eines Projektes? Also nicht immer den gewohnten Weg zu gehen und vor seinen Ängsten zu flüchten? Sondern diese Ausweichstrategien hinter sich zu lassen, ganz bewusst eigene Grenzen zu erleben, Neues zu wagen, sich seinen Ängsten zu stellen, um an sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln?

Das fordert doch auch das ganze Jahr im Jugendseminar: Sich selbst bewusst werden und sich wandeln zu wollen. Je weiter ich über den Sinn des Projektes nachgedacht habe, desto mehr wurde mir deutlich, was hier am Seminar tatsächlich von mir erwartet wird: dass ich selbst will! Ich wollte nun auch bewusst durch meine Ängste und Schmerzen gehen und erfahren, was es bedeutet durchzukommen und auf der anderen Seite des Abgrundes anzukommen. Ich habe mir vorgenommen, das Projekt lieben zu wollen und mir dadurch die Chance zu geben, es zu meinem eigenen machen zu können. Ich möchte die Erfahrung machen, durch das Verschwenden von Energie neue Kraft zu schöpfen.

Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass wir unsere Projektarbeit in Form eines kleinen Theaterstückes auf der Bühne zeigen möchten. Von da an haben wir ganz konkret mit Üben begonnen und uns selbständig zum Proben verabredet. Zwei Elemente, die wir gerne auf der Bühne zeigen wollten, waren Tanz und Partnerakrobatik. Die Auseinandersetzung mit Literatur und Texten haben wir parallel dazu weitergeführt.

Ich habe mit jedem Tag stärker wahrgenommen, welch positive Wirkung meine veränderte innere Einstellung gegenüber dem Projekt zur Folge hatte. Es war erstaunlich zu bemerken, welch großer Energievorrat in einem ruht, an den man so selten herankommt. Durch die Aktivierung dieser Energie ist es möglich gewesen, noch mehr zu produzieren und alle Herausforderungen zu meistern.

Die letzte Phase war schwer auszuhalten. Wir hatten lange noch nichts Sichtbares, an dem wir konkret weiterarbeiten konnte. Es war wie ein Schweben in der Luft, ein Leben im Ungewissen. Wir haben uns gegenseitig Mut gemacht und mir wurde bewusst, dass es wichtig ist, dem Projekt auch „in den letzten Zügen“ mein Vertrauen zu schenken.

Die Abschlusswoche ist dann wie in einem Rausch verflogen. Von Montag bis Samstagabend haben wir täglich das Theaterstück aufgeführt. Jede Aufführung war anders und selbst innerhalb dieser sechs Tage hat sich noch einiges verändert. Mittwoch, am Abend der Premiere unseres Stückes, hatten wir erstmals öffentliches Publikum. Das Spielen hat jetzt erst so richtig Spaß gemacht, als wir die Resonanz bemerkten, auf die wir stießen.

Die Aufführungen waren alle wunderbar und haben uns auch als Gruppe mehr zusammengeschweißt. Für mich selbst war die Schauspielerei eine ganze neue Erfahrung und es hat mich viel Mut und Vertrauen gekostet, mich auf der Bühne zu zeigen. Aber von Aufführung zu Aufführung habe ich zunehmend Sicherheit gespürt und es hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht. Der anschließende Austausch mit dem Publikum hat mir gezeigt, dass viele Menschen an ähnlichen Fragen dran sind, wie wir sie in unserem Stück behandelt haben.

Nun – eine Woche nach dem Abschluss – kann ich nach langer Zeit erstmals wieder sagen, dass ich stolz auf mich bin. Ich habe viel an mir entdecken können, viel Neues kennengelernt und dadurch viele Impulse in mir geweckt, an denen ich nun weiterarbeiten kann.

Das Gefühl ist unbeschreiblich.